Quelle: WirtschaftsWoche Interview von Tina Zeinlinger, 22 Juni 2020
Sylt steht für Luxus und Opulenz – eine, die ihren Reichtum am liebsten in Reetdachhäusern tarnt. Im Interview erklärt Luxus-Makler Ole König, warum man Teslas auf der Insel vergebens sucht und Investoren das Eiland auch ohne Designervillen lieben.
Der Name ist Programm. Wer königliche Immobilien auf Sylt sucht, kommt an Ole König nicht vorbei. Der 37-Jährige führt das älteste Maklerunternehmen auf der Insel. Seit einem halben Jahrhundert vermittelt und entwickelt der Familienbetrieb Häuser und Apartments im Luxussegment. Über die Jahre hat Familie König so manchem Prominenten zu seinem Feriendomizil auf dem Eiland verholfen und den Sylter Immobilienmarkt so gut wie kaum ein anderes Maklerbüro kennengelernt. Im Gespräch mit der Wirtschaftswoche verrät Ole König, geschäftsführender Gesellschafter von „König Immobilien Sylt“, warum seine Reetdach-Häuser Luxusobjekte sind und seine reichsten Kunden Kellergeschosse lieben, den Tesla aber zu Hause lassen müssen.
Herr König, wann haben Sie Ihre letzte Immobilie verkauft?
Ole König: Wir haben erst vergangene Woche zwei tolle Immobilien, die wir selbst als Bauträger entwickelt haben, an die Käufer übergeben: Einmal ein klassisches Reethaus im mittleren einstelligen Millionenbereich mit allem, was dazugehört: Ein Wohnzimmer so groß wie ein Tanzsaal, ein eigener Wellnessbereich, eine riesige Garage und vieles mehr. Das zweite Objekt ist ein reetgedecktes Doppelhaus mit einem traumhaften Blick auf beide Meere – eine wirklich unschätzbare Lage. Der Preis für diesen steingewordenen Traum aus Stein und Reet liegt nochmals deutlich höher. Das Reethaus haben Industrielle aus der Baubranche gekauft, die Doppelhaushälfte ein Finanz- und Immobilienunternehmer.
Ihr Tagesgeschäft läuft also wieder. War das auch so, als vorübergehend nur Erstwohnbesitzer auf die Insel durften?
Unsere Projektentwicklungen liefen zum Glück auch während des Lockdowns relativ normal weiter. Wir haben es sogar geschafft, trotz der Reisesperre Immobilien zu verkaufen. Zum Teil war das Glück, zum Teil hat uns aber die moderne Technik dabei geholfen. Dank ihr konnten wir beispielsweise Interessenten ganz einfach mit der Handykamera und virtuellen Rundgängen durch die Häuser führen oder Beratungstermine per Videotelefonie abhalten. Das gab unserem geschäftlichen Alltag ein Stück weit Routine, auch wenn es hier und da mal zu Engpässen an Materiallieferungen oder Handwerkern in Quarantäne kam. Ansonsten war die plötzliche Leere auf Sylt aber auch irgendwie schön. Schön, aber bizarr.
Die vielen privaten Ferienhausvermieter auf der Insel sahen das wahrscheinlich anders.
In der Tat, die Zeit des Lockdowns wird den meisten vermutlich ewig in Erinnerung bleiben. Auf einen Schlag war alles infrage gestellt. Gerade für unsere Ferienvermietung mit den Tausenden Mietverträgen, besorgten Kunden und Mitarbeitern, bedeutete der Shutdown eine enorme Herausforderung. Umso größer war die Erleichterung, als Touristen wieder auf die Insel durften.
Urlaub im eigenen Land wird immer beliebter – das gilt einmal mehr in der Coronakrise. Verkaufen sich Ihre Ferienhäuser auf Sylt seit der Pandemie leichter?
Seitdem klar ist, dass Urlaub im Ausland in diesem Jahr nur eingeschränkt möglich ist, haben unsere Verkäufer alle Hände voll zu tun. An jedem unserer insgesamt vier Standorte gibt es mehrere Besichtigungen pro Tag. Von der Einzimmerwohnung bis zum Multimillionenobjekt – bei Ferienhausvermietern ist im Moment alles gefragt.
Dürfen Interessenten aktuell auf Schnäppchen auf der Insel hoffen?
Nein, die Preise sind selbst – oder gerade jetzt in der Krise stabil. Die Nachfrage nach Immobilien auf Sylt ist nach wie vor hoch, wenn nicht sogar höher als vor der Pandemie. Dieser Trend wird sich auch in den kommenden Jahren fortsetzen. Ferien in Deutschland werden immer beliebter und davon profitiert der Markt natürlich. Außerdem haben sich die Preise auf der Insel bisher durch alle Krisen hindurch stabil entwickelt, das hat uns zuletzt auch die Finanzkrise 2008 gezeigt. Sylt ist der Safeplace für die Deutschen und spielt seine Stärke als Investitions-, aber auch Urlaubsparadies voll aus: Wir haben fantastische Strände, endlose Weiten und eine hohe Lebensqualität. Schnäppchen wird es daher auch in dieser Krise nicht geben. Ganz im Gegenteil.
Seit Jahrzehnten schießen auf Sylt Neubauten aus dem Boden. Wird das auch nach der Pandemie so bleiben?
Bislang ist der Bauboom ungebrochen. Von Hörnum im Süden der Insel über Morsum bis nach List im Norden – man findet kaum eine Straße ohne Baustelle. Gebaut werden vor allem Wohnungen, Doppelhaushälften und Reihenhausteile. Für Einzelhäuser ist der Platz auf der Insel mittlerweile sehr knapp und der Grund teuer, sodass diese deutlich seltener gebaut werden. Für die nächsten ein bis zwei Jahre kann ich mir vorstellen, dass es für Bauträger immer schwieriger wird, ihre Neuprojekte zu finanzieren. Aktuell sind die Banken noch großzügig bei der Vergabe von Krediten, ob das auch nach der Krise so bleibt, ist fraglich.
Sylt ist bekannt für seine Reetdach-Häuser. Wie kann man als Luxus-Immobilienmakler mit so einfachen Bauten Geld verdienen?
Sylt steht für klassische Schnitte und zeitlose Eleganz – genau das wissen auch vermögenden Kunden zu schätzen. Die Kundschaft, die auf Sylt kauft, möchte keine neumodische Architektur und schon gar keine Glaspaläste. Sie suchen traditionelle Bäderstilvillen mit Holzverzierungen oder exklusive Reetdachhäuser mit hochwertigen Rotziegeln. Diese Objekte sind weit davon entfernt „einfach“ zu sein.
Und wie sieht es im Inneren der Sylter Luxus-Villen aus?
Auch wenn es von der Inneneinrichtung mittlerweile etwas moderner und minimalistischer zugeht – das klassische Sylter Haus mit Tischlereinbauten und Naturstein ist weiterhin voll im Trend. Leider ist Sylt zuweilen aber auch schwerfällig: Steckdosen für E-Autos gibt es zum Beispiel erst langsam in den Garagen. Oft passt noch nicht mal der Porsche Cayenne oder der BMW X6 durch die Einfahrten, weil sie aufgrund alter bauchrechtlicher Vorgaben noch auf die schlanken Golfs der 8oer-Jahre ausgelegt sind. Auch das Thema SmartHome ist auf Sylt noch nicht so wirklich angekommen. Wir verbauen zwar ab und zu mal Rollläden oder Musikanlagen, die sich per Smartphone steuern lassen, das war’s dann aber schon. Darüber bin ich allerdings auch ganz froh. Gute Handwerker auf Sylt sind Mangelware und die, die wir haben sind derart ausgelastet, dass sie nicht sonderlich scharf auf komplexe Elektrotechnik sind.
Das heißt, die Sylter Prominenz begnügt sich mit bescheidenen Immobilien?
Was Technik und neumodernen Schnickschnack anbelangt -ja. Ansonsten sind unsere vermögenden Kunden sehr kompromisslos und wissen genau, was sie wollen. Einmal mussten wir zum Beispiel eine nagelneue Küche ausbauen und entsorgen, nur weilder neuen Hausherrin die Farbe und die Größe der Schubladen nicht gefallen haben. Zum Schmunzeln hat mich auch ein Multimillionen-Haus in Kampen gebracht, das mehr Fläche im Keller hat als überirdisch im Erd- und Dachgeschoss. Weil die guten Lagen auf der Insel begrenzt sind, hat sich der Eigentümer einfach ein zweites Kellergeschoss gebaut. Schließlich will man auch bei kleiner Grundfläche nicht auf den persönlichen Luxus verzichten. Das private Fitnessstudio sowie den eigenen Wellnessbereich inklusive Dampfbad und Sauna gibt’s dann eben unter der Erde.
Haben Sie denn eine absolute Traumimmobilie auf Sylt?
Meine Traumimmobilie steht in Kampen am Ende des roten Kliffs, das in der Abendsonne feuerrot leuchtet. Es ist das berühmte weiße Anwesen „Kliffende“ aus den 2oer Jahren. In dem reetgedeckten Prachtbau haben viele berühmte Persönlichkeiten logiert.
Also ist Sylt auch für die Superreichen interessant?
Selbstverständlich gibt es auf Sylt auch Superreiche. Aber niemand würde hier vor den Gartentoren mit der Kamera warten. Es bleibt eigentlich auch niemand stehen, wenn man einen Prominenten sieht. Es ist alles betont gelassen. Vielleicht auch deswegen, weil sich hierjeder wie ein kleiner Promi fühlt. Da ist es dann auch kein Riesending, wenn man Mike Krüger auf dem Golfplatz begegnet.
Stichwort Promis: Gibt es viele deutsche Prominenz unter Ihren Kunden?
So manche bekannte Persönlichkeit hat dank uns eine Luxus-Immobilie auf Sylt gefunden. Auch Promis aus der Unterhaltungsbranche, Politiker und wohlhabende Industrielle kaufen bei uns. Namen darf ich allerdings keine nennen. Ansonsten sind viele Luxuskunden aber auch ganz normale Menschen. Abgesehen davon, dass sie mit dem eigenen Flieger oder einem kleinen Fuhrpark anreisen. Vier Autos bei vier Familienmitgliedern sind absolut normal.
Investieren denn auch ausländische Topverdiener auf Sylt?
Die schrillen Neureichen und die Oligarchen wollen nicht so recht Fuß fassen auf unserem Eiland. Vermutlich ist es hier dann doch zu normal und nicht teuer genug. Oder liegt es daran, dass die Häfen keine Megayachten aufnehmen? Dass die extravaganten VIPs fernbleiben, ist aber auch gut so. Ich finde, dass die Mischung an Menschen hier genau richtig ist und wir die nordische Gelassenheit und das Bewusstsein für Qualität genießen sollten.
CR Bild 1: WirtschaftsWoche
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